Türchen Vierzehn - Flora


Flora schnaufte. Man, war das anstrengend. Aber diese schöne rote Kugel hatte es ihr einfach angetan und sie wollte unbedingt zu ihr gelangen. Die Tannennadeln pieksten in ihren Bauch, aber sie war fest entschlossen zu dieser wunderschönen roten Kugel zu gelangen. Mit der könnte sie dann bestimmt gut spielen. Sie fragte sich, was das schon für eine komische Idee war, ihr Spielzeug in einen Nadelbaum zu hängen. Nun ja, die Menschen taten oft komische Dinge. Flora kletterte weiter und höher, es fehlte nur noch ein kleines Stück und sie wäre endlich am Ziel. Mit ihrer rechten Vorderpfote löste sie sich vom Stamm und haute fest gegen die Kugel. Diese glitt im dritten Anlauf endlich vom geschmückten Weihnachtsbaum. Doch dieses Mal hatte Flora auch mit sehr viel Schwung gearbeitet, so dass der komplette Baum schwankte ... und mit Flora zusammen umkippte. Sie saß bedröppelt im gekippten Baum und seufzte. Ach herrje, jetzt hatte sie ihrem Pflegefrauchen schon wieder mehr Arbeit gemacht, dabei hatte sie ihr doch viel geholfen und sogar das Leben gerettet. 

 

Plötzlich knisterte es vor Flora und in einem rot-grünen Funkenregen erstrahlten zwei kleine Wesen. Flora schnupperte und runzelte die Stirn, dieser Duft nach Marzipan und Orangen kam ihr bekannt und doch irgendwie neu vor: „Hallo, ihr seid die Weihnachtselfen Lyra & Anela, oder? Ich bin Flora!“

 

Anela nickte und antwortete: „Hallo Flora, wie geht es dir und was machst du überhaupt im Tannenbaum?“ Flora lächelte verlegen: „Mein Pflegefrauchen hat in dem Baum so tolle rote Kugeln gehangen und mit denen wollte ich spielen. Da ich andere Katzen nicht mag, bin ich den ganzen Tag alleine und wollte mir einfach nur neues Spielzeug organisieren. Leider hat das nicht so ganz geklappt.“ Lyra sagte: „Ohje, das tut mir leid – aber warum magst du andere Katzen denn nicht?“ Die schöne Grautigerin antwortete: „Na, auf der Straße und in der Perrera habe ich schlechte Erfahrungen mit anderen Katzen gemacht. Sie haben mich viel geärgert und gemobbt, die einzige, die zu mir hielt, war meine Freundin Svenja. Aber auch wir kamen irgendwann wegen der Enge und dem Stress nicht mehr gut miteinander aus und so haben Svenja und ich uns auch verloren. Allerdings muss ich dazu sagen, dass es mir damals wirklich nicht gut ging. Ich hatte große körperliche Beschwerden und war daher insgesamt in keiner guten Verfassung. Meine Zähne waren alle verfault und abgebrochen, ich konnte kaum fressen und hatte große Schmerzen. Dadurch hab ich mich auch wenig geputzt. Mein Fell war sehr dreckig und juckte. Daher habe ich dann immer wieder versucht, das Fell durch rausrupfen schöner zu bekommen, aber das einzige, was ich damit erreicht habe, war, dass ich mir noch Wunden zufügte und ich etliche kahle Stellen hatte. Ich sah grauenhaft aus, dazu war ich auch furchtbar dünn. Zum Glück konnte ich dann Anfang des Jahres auf eine Pflegestelle ziehen. Da war es schon mal schön warm und behaglich und schon nach wenigen Tagen wurde ich an meinen Zähnen operiert. Alle Zähne und Zahnwurzeln wurden mir extrahiert und die Tage danach war mein ganzen Gesicht geschwollen. Aber der Druck war weg und ich fühlte mich insgesamt viel besser. Ihr könnt euch das gar nicht vorstellen, was für ein Gefühl das war, als ich das erste Mal ohne Schmerzen fressen konnte. Das war so unglaublich! Danach fing ich auch langsam wieder an, mich zu putzen und mein Fell wurde wieder schöner, die offenen Wunden heilten ab und an den kahlen Stellen wuchs das Fell nach. Leider hatte ich dann noch einen Nabelbruch und musste daran im Sommer auch nochmal operiert werden. Ach ja und FIV positiv bin ich auch noch, aber das schränkt mich überhaupt nicht ein. Stück für Stück habe ich mich in das Leben zurück gekämpft und inzwischen spiele ich auch total gerne, da war vor einem Jahr überhaupt nicht dran zu denken, da war mein ganzer Körper eine einzige große schmerzhafte Baustelle. Nur mit anderen Katzen mag ich immer noch nichts zu tun haben, sie machen mir Angst und ich denke dann immer, Angriff ist die beste Verteidigung. Außerdem möchte ich sehr gerne meine Menschen für mich alleine haben, ich finde, das steht mir nach meinem langen Leidensweg auch einfach zu!“

 

Anela und Lyra guckten sich an und bewunderten Flora: „Wow, was bist du nur für eine Kämpferin!“ Flora nickte: „Ja, das sagt meine Pflegemama auch immer – sie meint, wenn ich nicht so einen starken selbstbewussten Charakter hätte und so eine Kämpferin wäre, hätte ich nicht überlebt. Und, natürlich verdanke ich Ana sehr viel, sie hat Svenja und mich damals aus der Perrera gerettet. Und Ana hat meinen schlimmem Zustand erkannt und dafür gekämpft, dass ich nach Deutschland auf die Pflegestelle reisen kann.

 

Aber, ich weiß eben auch, was ich möchte! Ich möchte gerne eine eigene liebevolle Familie, nur für mich ganz alleine. Mit viel Spielzeug und leckerem Futter – das genieße ich jetzt so, nachdem ich schmerzfrei fressen kann. Und dazu sollte mein Mensch auch sehr viel Zeit für mich haben, ich möchte gerne Zeit mit meinem Menschen verbringen und nachts im Bett schlafen dürfen!“ Lyra schmunzelte: „Flora, du bist wirklich ganz zauberhaft und hast ja auch einige Wünsche. Wir werden deine Geschichte erzählen und hoffen sehr, dass dein Mensch dich möglichst bald findet.“

Flora schnurrte: „Oh ja, das wäre so schön und mein diesjähriges Weihnachtswunder. Letztes Jahr die Ausreise auf eine Pflegestelle und dieses Jahr dann ein eigenes Zuhause. Das wäre so toll!“ Lyra und Anela schwebten zu Flora und drückten ihr einen großen Knutscher auf die Nasenspitze, winkten und riefen: „Frohe Weihnachten, liebe Flora!“ Ehe sie wieder in einem einem rot-grünen Funkenregen verschwanden.



Floras Weihnachtswunsch

In Spanien gibt es nicht so viel Spielzeug wie wir gerne hätten. Klar, Futter geht vor und unsere menschlichen Beschützer müssen immer sehr auf das Geld aufpassen. Daher wünsche ich mir für meine Freunde in Spanien, Spielzeug.

 

3,99 €

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